Bonner Entdeckungen // Ausstellung in der Alten VHS gibt Einblick in die künstlerische Schatzkammer von Marcel Bouziri

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Seit über 40 Jahren sammelt Marcel Bouziri Kunst. In einer kompakten Bilderschau in der Alten Volkshochschule, die der Verein Rhizom e.V. seit Oktober von der Stadt gemietet und seitdem in einen selbst-organisierten Kulturraum verwandelt hat, gibt er nun einen Einblick in seine vielfältige Sammlung. Sie reicht von der klassischen Moderne bis zur Gegenwart.

In der Ausstellung “Bonner Entdeckungen” sind bis zum 23. Dezember hauptsächlich Werke von der Künstlergruppe Bonn, des Atelierhauses Bonn und der Gruppe Semikolon zu sehen. An der Spitze steht Alf Bayerle, Gründungsmitglied der Semikolon Gruppe, die gerade ihr 50jähriges Bestehen feiert.

“Bayerle wäre heute 118 Jahre alt geworden”, sagte Bouziri bei der Eröffnung am vergangenen Samstag. “Die Schau soll durch ihre Abwechslung erfreuen, überraschen und neugierig machen auf die schon lange existierende und auch neue Szene.”

Mechthild Motsch von Freydorf hat zum Beispiel neben lyrischen Abstraktionen in den 60er Jahren schon ästhetische Upcycling Art gemacht und in den ausgestellten Collagen Schokoladen- und Bonbon-Papier verwendet.

Bei der Vernissage erzählte ihr in Bonn lebender Sohn, dass der 1906 im badischen Waldshut geborenen Künstlerin in jungen Jahren durch ihre Mutter Clara Johanna (geb. Ris), die eine Malerin war, die Freude am Zeichnen und der Malerei vermittelt wurde. Doch mit dem Ausbruch des ersten Weltkriegs wurde die Kindheit seiner Mutter jäh zerrissen.

In ihren Erinnerungen schrieb Mechthild Motsch von Freydorf: “Als Kind war ich von Geschwistern umgeben, ließ mich durch ihre Fantasien und Spiele leiten; mit acht Jahren verloren wir den Vater im Krieg. Wir konnten es lange nicht fassen. Meine Mutter schlug sich durch die schweren Kriegs- und Nachkriegszeiten mit sechs Kindern durch.”

Am Ende der Weimarer Republik hat Motsch von Freydorf dennoch als einer der ersten Frauen an der badischen Kunstschule studiert. Nach ihrer Heirat, Familiengründung und später als Kriegswitwe und Alleinerziehende blieb ihr jedoch wenig Raum zur Ausübung ihrer künstlerischen Fähigkeiten.

“Erst zwei Jahrzehnte später konnte sie ihre künstlerische Tätigkeit wieder aufnehmen,” sagte Richard Motsch, der zusammen mit seiner Nichte Susanne Zouyène den künstlerischen Nachlass seiner verstorbenen Mutter dokumentiert und katalogisiert hat.

In Memorandum – Mechthild Motsch von Freydorfs Nichte Susanne Zouyène und Sohn Richard Motsch (Foto: Sandra Prüfer)

“Die schönsten Jahre meines Lebens waren die fünf Jahre auf der Kunstschule in Karlsruhe, in denen ich mich den Anforderungen gewachsen fühlte, nette Freundschaften hatte, Anerkennung fand,” sagte sie in ihren Erinnerungen.

Mit Kunst (Über)Leben

Zouyène ist eine international anerkannte Fotokünstlerin und in der Ausstellung mit einer Reihe von fotografischen Direktbelichtungen vertreten, aufgenommen mit der Camera Obscura. Ihre Großtante habe sie geprägt, ihre künstlerischen Ambitionen gefördert und ihr Kunststudium mitfinanziert. “Sie hat Kunst aus dem Leben heraus gemacht, nicht zum Verkauf, von der klassischen Modernen bis zur Abstraktion, und bis zu ihrem Tod gezeichnet und gemalt,” so Zouyène.

Bonner Entdeckungen – Richard Motsch vor Collagen seiner Mutter Metchthild Motsch von Freydorf (Foto: Sandra Prüfer)

Zouyène und ihr Onkel sind erfreut, dass Mechthild Motsch von Freydorf in der Ausstellung post-mortem eine künstlerische Anerkennung in Bonn findet. Faszinierend fand sie bei der Durchsicht des Nachlasses ihrer Großtante, dass diese etwa zeitgleich zu ihrer Ende der 80er Jahre produzierten, international ausgestellten “Jagdbeute” Foto-Serie (abfotografiert von TV-Bildern) Portraits gezeichnet hat von Nachrichtensprechern, Politikern und Schauspielern aus dem Fernsehen.

Liebe, Toleranz und Harmonie

Expressiv und farbenfroh sticht das Gemälde von Mamadou Diakhaté aus der Bonner Entdeckungen Ausstellung heraus. Der senegalesische Künstler aus Meckenheim erzählte bei der Vernissage, dass er das Gemälde vor über 40 Jahren gemalt hat, kurz nach seiner Ankunft in Deutschland. Er hat es nicht mit Pinseln, sondern mit seinen Fingern gemalt. “Finger Paining” ist nach wie vor seine bevorzugte Maltechnik. Das Credo seines Lebens und künstlerischen Schaffens sei Liebe, Toleranz und Harmonie.

Mamadou Diakhaté bringt Farbe direkt mit seinen Fingern und Händen auf den Malgrund. (Foto: Sandra Prüfer)

In dem Gemälde sei Harmonie durch den Sonnenuntergang und Toleranz mit dem bunten Segel ausgedrückt. “Es freut mich sehr, dass Marcel das Bild ausgewählt hat aus seiner Sammlung für diese Ausstellung,” sagte er.

Die Ausstellung aus der Schatzkammer von Marcel Bouziri ist geöffnet Mo – Fr 18-22 Uhr, Sa 14-22 Uhr, So 14-18 Uhr in der Alten VHS (Kasernenstr. 50, 53111 Bonn)

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