“Love Out Loud!” ist das Motto der re:publica 2017. Damit möchten die Veranstalter “den Fokus auf all jene Menschen, Organisationen und Projekte, die sich gegen Hass, Gewalt und Ungerechtigkeit einsetzen und Licht in die dunklen Ecken der Gesellschaft tragen.”

Die re:publica  ist die größte Konferenz zu den Themen Internet und digitale Gesellschaft in Europa. Sie findet seit 2007 jährlich in Berlin statt. Das 2017 Motto ist inspiriert von Kübra Gümüşay und ihrem bewegenden “Organisierte Liebe” Talk, den sie im Mai  bei der letzten re:publica gehalten hat. Gegen die dunkle Seite und den Hass einzeln anzutreten, sei zermürbend. Deshalb müssen wir unsere Kräfte bündeln.

Das Lachen und “Laugh(ing) Out Loud!” ist vielen von uns leider seit dem Morgen nach der US-Präsidentschaft vergangen. Stattdessen Schock, Wut, Trauer und pures Entsetzen.

Donald Trump mag die  Wahl gewonnen haben, aber nicht alles ist vorbei. Das sagte sich Clara Beyer, eine junge Webdeveloperin aus Washington DC ,  die die  Holy Fuck. Now What? Seite gestartet hat.  Sie möchte damit Kräfte bündeln und Trump-Gegnern zeigen, bei welchen Organisationen sie sich engagieren können.

Ich habe über 15 Jahre in den USA gelebt und vor acht Jahren die Wahl von Barack Obama in Chicago erlebt. Dass  Trump nun ins Weiße Haus einzieht und Obamas Erbe “zerstören” will, hat mich bis ins Mark getroffen. Für meine amerikanischen Freunde und alle, die sich für eine offene und tolerante Gesellschaft, den Klimaschutz, die Rechte von Frauen und Minderheiten und für Geflüchtete engagieren, ist das ein Alptraum.

“Nicht mein Präsident”, riefen tausende von Demonstranten in den Straßen Chicagos und in anderen Städten nach der Wahl. “Not my president”, sagt auch meine 14-jährige Tochter Ana, die bei den nächsten US-Präsidentschaftswahlen in vier Jahren wählen darf. Hillary Clinton hat zwar die Stimmenmehrheit (das “popular vote”) gewonnen, aber nicht die Mehrheit der Wahlmänner (Electoral College). Das macht ihre Niederlage für viele, besonders Frauen und Mädchen, noch bitterer.

Joe, ihr Vater, hat Ana einen tröstenden Brief geschrieben. Darin versucht er unserer Tochter das Unfassbare und die gesellschaftlichen und geschichtlichen Hintergründe in den USA zu erklären. (Der Brief ist auf Englisch geschrieben und hier zu lesen.)  Vor allem solle sie dem Rat von John Oliver (host der HBO “Last Week Tonight” Show) folgen und sich immer wieder bewusst machen, dass das alles nicht normal ist. ‘Keep reminding yourself this is not normal’.

Nach der Schockstarre formiert nun sich der Widerstand gegen Trumps auf Fremden- und Frauenhass und Ausgrenzung beruhende Politik. Dazu zählen ein Women’s March on Washington zu seiner Amtseinführung am 21. Januar, friedliche Straßenproteste in Los Angeles und eine Petition gegen die Ernennung des rassischen Populisten Stephen Bannon als “chief strategist and senior cousel” im Weißen Haus.

Die ZEIT berichtet in ihrer heutigen Print-Ausgabe über “die dunkle Seite der Macht” und den ehemaligen Breitbart Chefredakteur. Bannon war Trumps Wahlkampfmanager und wolle nun das politische System der USA zerstören.

Bannon & Co. haben auch die Zerstörung des politischen Systems in Europa im Visier. In dem ZEIT Artikel wird erwähnt, dass Breitbart News nach Deutschland und Frankreich expandieren wird.

Über die Expansionspläne war ich bereits vergangene Woche per Twitter  durch einen Reuters  Bericht alarmiert worden.  Die Nachricht hat mich aufgeschreckt, weil mir bewusst ist, was das bedeutet: Ein rechtspopulistischer Medienkrieg gegen Merkel und ein polarisierender 2017 Wahlkampf, aufgepeitscht mit fremden- und frauenfeindlichen Hass-Parolen.

Aber wir sind durch den Brexit und die Trump-Wahl vorgewarnt und können uns gegen Volksverhetzung und Hass im Internet wehren. Die Zivilgesellschaft, Politik und Justiz müssen dabei alle an einem Strang ziehen.

Deshalb habe ich gestern an unsere drei Bonner Bundestagsabgeordneten – Ulrich Kelber (SPD), Claudia Lücking-Michel (CDU) und Katja Dörner (Grüne) – einen Brief geschrieben.

 

Liebe Bundestagsabgeordnete aus Bonn,

meine amerikanischen Freude & Familie in Bonn und den USA schreiben unermüdlich an ihre Repräsentanten, um sie vor Steve Bannon zu warnen, den Trump als “Chef-Berater” ins Weiße Haus holen will.

Doch auch für die hiesige Gesellschaft und das politische Klima in Deutschland stellt dieser rechte Scharfmacher eine echte Gefahr dar, denn Breitbart News wird nach Deutschland und Frankreich expandieren. Riding Trump wave, Breitbart News plans U.S., European expansion. Mir graut davor.

Auf diese BAD NEWS hatte ich  Felix von Grünberg (MdL, SPD) letzten Freitag bereits bei einem Event im Bonner Frauenmuseum hingewiesen. Ich habe lange in den USA gelebt und bin mit der US-Medienlandschaft gut vertraut.

Bannon & Co wollen die AfD und Front National im 2017 Wahljahr stärken und Merkels EU-freundlichen Kurs und Flüchtlingspolitik bekämpfen. Breitbart London gibt es bereits seit 2013. Die Plattform fungierte im Brexit-Wahlkampf  als ein Sprachrohr des ehemaligen Ukip-Vorsitzenden und Trump Freund Nigel Farage.

Gegenüber Reuters bestätigte Breitbart-Chefredakteur Alexander Marlow die Expansionspläne. Aktuell würden Journalisten eingestellt, die gezielt für rechtskonservativen Parteien in Europa berichten werden.

Bannon ist ein ehemaliger  Banker, Filmproduzent, Volksverhetzer und Rassist. Bisher verfügt die AfD noch nicht über ein potentes mediales Sprachrohr. Deshalb macht mir ein deutscher Ableger des News Portals große Sorgen. Meinungsfreiheit und Pressefreiheit sind ein hohes Gut. Breithart verbreitet keine Nachrichten, sondern rechtsradikale Polemik und wilde Verschwörungstheorien. Kein Faktenwissen, sondern verdrehte Fakten und Lügen.

Schon jetzt sind die sozialen Netzwerke voll von rechtem Gedankengut, bewusst verletzenden frauen- und  fremdenfeindlichen Kommentaren. Erst heute habe ich Twitter wieder zwei (persönlich an mich gerichtete) beleidigende Tweets gemeldet.

Wenn Breitbart in Deutschland startet, wird das massiv zunehmen und weiter mainstream werden. Volksverhetzung ist in Deutschland  nach Paragraph 130 StG strafbar. Den öffentlichen Frieden zu stören und zum Hass gegen Bevölkerungsteile aufzustacheln, das genau ist die Beitbart Strategie.

Wir müssen wachsam sein und dem etwas entgegensetzen. Aufklären und gegen den Hass im Netz kämpfen. Im Juli wurde die bundesweite #NoHateSpeech Kampagne gestartet.

Im September wurde die #NichtEgal YouTube Kampagne gelauncht, die von 22 bekannten deutschen Youtubern unterstützt wird. Schirmherrin ist Bundesfamilienministerin Schwesig.

Das ist ein guter Anfang, reicht aber nicht aus. Diese Anti-Hass-Kampagnen richten sich an eher jugendliche Zielgruppen. Die AfD wird jedoch vor allem von älteren weißen Männern gewählt -nicht ungebildet, aber mit Angst vor Abstieg-, die sogenannten abgehängten Männer. Sehr ähnlich mit der Trump Wählerschaft. Wie erreicht man sie? Das können wir dann bei Breitbart News sehen. Das sind Kommunikationsprofis mit financial backing.

Jetzt heißt es erstmal die Jugend, Frauen und Minderheiten positiv zu bestärken. Sie müssen besser sichtbar gemacht und gehört werden. Wir müssen Koalitionen bilden, gegen Hass und Ausgrenzung einschreiten, wo immer es passiert.

Die Justiz muss gegen die Hasskriminalität vorgehen. Wir müssen unsere freiheitlichen Grundrechte verteidigen  und die Liebe im Netz organisieren. Dazu hat die Journalistin und feministische Aktivistin Kübra Gümüşay in ihrer bewegenden Rede bei der re:publica Anfang Mai aufgerufen. Denn der Hass im Netz ist bereits organisiert.

Love Out Loud wird das Motto der 2017 re:publica sein. In diesem Sinne,

Love & Peace

Sandra Prüfer

  §130 Strafgesetzbuch – Volksverhetzung

(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

2 KOMMENTARE

  1. “Dazu zählen friedliche Straßenproteste …”

    “Friedliche”?

    WANTED: Portland Police Looking for Anti-Trump Goon Who Caused $200,000 of Damages in One Night
    http://www.thegatewaypundit.com/2016/11/wanted-portland-police-looking-anti-trump-liberal-protester-caused-200000-damages/

    Anti-Trump protesters march for 3rd night; Portland police call it a ‘riot’
    http://www.cnn.com/2016/11/11/us/oregon-protest-riot/

    Hillary Supporter Holds ‘Rape Melania’ Sign at DC Protest in Front of Trump Hotel
    http://www.thegatewaypundit.com/2016/11/hillary-supporter-holds-rape-melania-sign-dc-protest-front-trump-hotel/

    ‘Kill the police!’ Anti-Trump protesters chant death threats at cops in Indianapolis, and demonstrators are tear-gassed in Portland as tens of thousands take to the street nationwide for fourth night of violence
    http://www.dailymail.co.uk/news/article-3931214/Police-attacked-rocks-bottles-anti-Trump-protests.html

    Trump supporters under attack: Two arrested in Connecticut for ‘beating up a man holding a Trump sign’ while New York police hunt suspect who ‘choked a subway passenger in MAGA hat
    http://www.dailymail.co.uk/news/article-3930834/Trump-supporters-attack-Wilson-Eschevarria-Anthony-Hobdy-arrested-Connecticut-New-York-police-hunt-suspect-choked-subway-passenger.html

    Trump Supporter Martyred: RIP Thomas Shaw Jr., 75–Stabbed By 21-Year Old Hillary Supporter
    https://therealstrategy.com/trump-supporter-martyred-rip-thomas-shaw-jr-75-stabbed-21-year-old-hillary-supporter/

    Trump supporter, 15, beaten during Rockville protest
    http://wtop.com/montgomery-county/2016/11/trump-supporter-15-beaten-during-rockville-protest/slide/1/

    Die Linker benehmen sich so friedlich wie der Sturmabteilung.

    “Ich … bin mit der US-Medienlandschaft gut vertraut.”

    Das ist offentsichtlich nicht die Wahrheit.

    Breithart verbreite keine Nachrichten, “kein Faktenwissen, sondern verdrehte Fakten und Lügen.”

    Das heißt Ihre psychologische Projektion.

    “Hate speech” bedeutet nichts nur als die Rede, die von den Linkern gehasst wird.

    Regards,

    Pepe aus Houston, Texas

  2. Guten Tag Pepe aus Houston, Texas,

    bei den im Beitrag als Beispiel erwähnten friedlichen Straßenprotesten handelt es sich um Anti-Trump/Bannon Demonstrationen in Los Angeles. Der Link führt zu einem Bericht darüber. Ich habe “in Los Angeles” in dem Text nun hinzugefügt, damit das klar ist.

    Gateway Pundit und andere Quellen, die Sie zitieren, sind bekannte “Fake News” sites. Ich empfehle Ihnen die fact-checking Websites FactCheck.org, PolitiFact.com und Snopes.com,

    Der Paragraf 130 des deutschen Strafgesetzbuches definiert den Tatbestand der Volksverhetzung. Info zur Definition und den gesetzlichen Grundlagen von Hass-Kriminalität im deutschen Strafrecht finden Sie auf dem Themenportal des deutschen Justizministeriums. http://www.bmjv.de/WebS/NHS/DE/Home/home_node.html#arbeitsfelder

    Sandra Prüfer

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